United Private Screening – aus einer Einsparung wird ein Feature
Manche Airlines finden immer Möglichkeiten aus Selbstverständlichkeiten Geld zu machen. Ich rede hier nicht von Billigairlines bei denen das ja von vornehinein klar ist, sondern von regulären Airlines. Vor allem US-amerikanische Fluggesellschaften finden da ja immer wieder neue Möglichkeiten den Passagieren das Geld aus der Tasche zu ziehen. Angefangen hat es damit Notausgangplätze zu verkaufen, nun kostet es auch Geld die normalen vorderen Sitzreihen zu reservieren. Andere Airlines folgen dem Beispiel leider. Auf meinem aktuellen Flug nach New York mit United habe ich die nächste Stufe entdeckt.
Um was geht es eigentlich?
Normalerweise gehörte es bisher zum Standard Infotainment-Bildschirme in den Sitzen zu haben, mehrere Stunden in engen Sitzen wollen ja irgendwie überbrückt werden. Nun betrete ich den Flieger und komme mir vor als würde ich in einen Interkontinental-Billigflieger aus einem Dritte-Welt-Land einsteigen. Sitze ohne Infotainment-Displays und das in einer Boeing 777-200!
Normalweise haben selbst die kleinen Maschinen bei United ein Display verbaut. Willkommen in der Zukunft des Reisens, denn ich bin mir sicher dass auch hier wieder andere Airlines dem Vorbild der US-Airline folgen werden. United nennt das Fehlen der Displays „Private Screening“ und verkauft es sogar als tolles Feature. Dafür sind in den Sitzen nun Halterungen eingebaut die es erlauben ein Smartphone jeder Größe oder ein Tablet einzuklemmen. Mein Sitznachbar hat hier sein 13-Zoll iPad Pro platziert, dies ist dann aber auch das Maximum der Halterung.
Sehe nur ich hier ein Problem?
Versteht mich nicht falsch, an sich bin ich ein Freund der BYOD Philosophie, im Flugzeug allerdings gibt es da einige Probleme die auftauchen. Zuerst einmal muss jeder ein kompatibles Gerät haben. Passagiere mit Feature-Phones fallen da schon mal weg. Wer auch kein Tablet sondern nur ein Smartphone dabei hat, darf den Flug über seine Filme auf einem kleinen Screen schauen. Im Vergleich zu den meist 10-Zoll großen Infotainment-Displays die man normalerweise antrifft ein deutlicher Rückschritt! Als nächstes braucht man zwingend die United App. Diese benötigt zumindest für das iPhone stolze 134 MB und muss vor dem Start heruntergeladen werden sonst hat man für den Flug Pech gehabt. Ich bin in Barcelona gestartet und habe sie mir kurz vor Abflug noch schnell runterladen können. Aufgrund schlechten Empfangs dauerte es allerdings fast 15 Minuten, es hätte also fast nicht geklappt für meinen immerhin 7:45 Stunden Flug, was mehr als ärgerlich gewesen wäre. In manchen Ländern kann man auch aufgrund hoher Roaminggebühren nicht einfach mal schnell 134 MB herunterladen. Hier sollte United zumindest im Flieger die Möglichkeit bieten es herunterladen zu können. Mein Vorschlag wären kostenlose 150 MB über das OnBoard-WLAN – wobei kostenlos für United sicherlich nicht unbedingt in Frage kommt wenn man sich anschaut für was sie alles Geld verlangen.
Die United App
Kommen wir aber nun zur United App selbst. Hier gibt es von meiner Seite nichts zu bemängeln. Zwar hat sie im AppStore eine schlechte Bewertung, was aber meist an anderen Features liegt und nicht am Entertainment-Feature. Man muss sich sobald die Reiseflughöhe erreicht wurde nur mit dem Onboard-WLAN verbinden, die App starten und dann findet man dort unter „Entertainment“ die Filme und Serien.
Die Auswahl ist in Ordnung und in etwa mit den Angebot des normalen Infotainments vergleichbar. Filme starten auch direkt ohne Werbung und der Stream läuft ohne Probleme und Lags. Eine Sache ist mir allerdings aufgefallen, man kann die Sprache leider nicht einstellen. Die Filme sind auf Englisch, es gibt allerdings auch eine Auswahl in anderen Sprachen, dort ist die Auswahl natürlich deutlich kleiner, so gab es nur z.B. vier deutschsprachige Filme. Da United aber eine US-Airline ist und der Flug von Spanien aus startete möchte ich das Fehlen von deutschsprachigen Filmen nicht bemängeln.
Soweit so gut, man kann wenn man ein passendes Gerät und die App hat also Filme schauen. Nun kommen wir zu einem weiteren Problemchen, es ist zwar eher klein aber trotzdem ärgerlich. Viele Smartphones und Tablets lassen den Kopfhöreranschluss weg, weshalb man Lightning- oder USB-C-Kopfhörer nutzen muss. WLAN-Streaming saugt aber durchaus ordentlich am Akku und wenn man nicht zufällig ein Y-Kabel für Kopfhörer und Ladekabel dabei hat ist zur Hälfte es Fluges meist Schluss mit Entertainment und man kann das Smartphone für eine Weile aufladen. Hier muss man also auf jeden Fall an solch ein Y-Kabel (Für das iPhone 7, 8 und X: Klick* / für USB-C: Klick*) denken bevor man den nächsten 12 Stunden Flug antritt. Oder man greift direkt zu Bluetooth-Kopfhörern (z.B. von Sennheiser: Klick* / Bose: Klick*). Da solche Kopfhörer meist sowieso im Gepäck eines Vielfliegers sind ist dieses Problem wie vorhin erwähnt nicht so groß.
Meine Meinung darüber
Mir würde es definitiv besser gefallen wenn Airlines auch weiterhin auf Infotainment-Displays in den Sitzen setzen würden, denn nicht nur sind die Systeme in den Jahren besser und hochauflösender geworden, ich kann auch den Akku meines Tablets / Smartphones schonen. Und jeder Passagier würde in den Genuss des Infotainments kommen, nicht nur diejenigen die die App heruntergeladen haben. Für einen Techniknerd wie mich, der sowieso immer mit Notebook, Tablet und 1-2 Smartphones unterwegs ist wäre Private Screening natürlich absolut kein Problem. Sicherlich gibt es auch viele die diese Einsparung Neuheit auch feiern. Ich muss mich hier allerdings auch in andere Passagiere hineinversetzen, denn nicht jeder ist so Technikbegeistert und hat für den Urlaub ein Tablet dabei oder möchte auf dem kleinen 5-Zoll Display des Smartphones stundenlang Filme schauen.
United wirbt beim Private Screening mit „free personal device entertainment“. Noch ist es auch kostenlos. Wenn man aber schon ein wenig in Richtung Zukunft schaut und bedenkt wie sich die ganze Fliegerei entwickelt hat kann ich mir gut vorstellen dass wir hier in ein paar Jahren auch die Kreditkarte zücken müssen um entweder pro Film, Serienfolge oder pro Flug für Entertainment zu zahlen. Einfacher würde es sogar mittels In-App-Purchase gehen. Ich will die Airlines hier aber nicht auf dumme Gedanken bringen, bin mir aber sicher dass auch darüber schon in einigen Meetingräumen laut nachgedacht wurde.