Xears – In-Ear-Kopfhörer aus Berlin
Der Berliner Hersteller playaz-audio.com vertreibt in seinem Webshop und bei Ebay bereits seit einiger Zeit In-Ear-Kopfhörer. Neugierig geworden durch begeisterte Reviews im Hifi-Forum head-fi.org, haben wir Kontakt mit Playaz Audio aufgenommen und einige Exemplare für einen Testbericht beschafft. Im Folgenden lest Ihr, ob die Kopfhörer es mit etablierten Marken wie Sennheiser aufnehmen können.
Der Hersteller betont, dass es sich bei seinen Produkten nicht um schlichte OEMs billiger chinesischer Fabrikate handelt. Vielmehr bezieht er die Treiber für seine dynamischen IEMs aus Japan und lässt sie in China mit OEM-Gehäuse fertigen, die auch zahlreiche andere Hersteller einsetzen. Playaz-Audio hat insgesamt zwei Produktreihen: Von den ursprünglich namensgebenden Playaz In-Ears werden nur noch Restbestände verkauft, denn die Reihe läuft derzeit aus. Ihren Platz nimmt das umfangreiche Xears-Sortiment ein.
Testkandidaten
Im Test hatten wir den Playaz N3 für 15 Euro aus der alten Serie und die Modelle XR 120 Pro 2 (79,90), XNR 120 Pro (19,90), TM 1 Pro (39,90) und TD 100 (25,00) der neuen Xears. Als Besonderheit verfügen sowohl der Playaz N3 und der Xears XNR 120 Pro über ein Echtholz-Gehäuse. Alle Kopfhörer kamen mit einer Kunstledertasche für die Aufbewahrung und 3 Sätzen Ohrstöpsel in verschiedenen Größen. Für die beiden Holz-Kopfhörer erhielten wir außerdem Silikon-Stöpsel mit besonders guter Isolierung. Außer den TM 1 Pros sind alle Kopfhörer recht groß für In-Ears und stehen deutlich aus dem Ohr heraus. Der Sitz ist aber astrein. Die hölzernen Playaz N3 und Xears XNR 120 Pro wirken wertig und edel, auch die übrigen drei setzen sich durch Alugehäuse, verstärkte Y-Splitter und sogar einen gravierte Aluring am Stecker deutlich von den meisten IEMs der Einstiegs- und Mittelklasse ab.
Testverfahren
Als Test-Gerät diente ein Ipod Touch 2G ohne weiteren Kopfhörerverstärker, der Testparcours bestand aus vier Songs, die ausgewählt wurden um verschiedene Faktoren zu testen:
- „Schwarz zu blau“ von Peter Fox stellt v. a. die Bass-Bums-Leistung der IEMs auf die Probe
- „Rebirth of Slick“ von den Digable Planets testet Basspräzision und Detailwiedergabe
- „Familiar Feelings“ stellt die Stimm- und Gitarrenwiedergabe vor Herausforderungen und glänzt ebenfalls mit zahlreichen Details
- „Enemy Within“ von SFA steht für brachiale Gitarrenbretter und testet auch gleich den Umgang mit relativ schlechtem Quellmaterial
Vor dem Test ließen wir alle Kopfhörer für 24 Stunden einbrennen. Hersteller und headfi-Community empfehlen teilweise Einbrennzeiten von bis zu 250 Stunden, aber das scheint uns sowohl exzessiv als auch praxisfern für den alltäglichen Einsatz.
Soundcheck
Peter Fox – Schwarz zu blau:
- Die Playaz N3 zeigen hier sehr schöne, volle Bässe. Teilweise wirken sie ein wenig unpräzise, was Punch und Bassline angeht. Peter Fox‘ Stimme war sehr angenehm und voll. Insgesamt glänzten die Kopfhörer durch sehr angenehmen, warmen Klang und einen Detailreichtum, der weit über der erwarteten Qualität liegt.
- Die Xears XR120 Pro 2 klingen insgesamt deutlich heller. Der Bass ist merklich leichter, dafür die Stimme klarer und dominanter im musikalischen Gesamtgefüge. Der Detailreichtum liegt noch einmal klar über dem des N3.
- Xears TD 100: Auch hier steht die Stimme im Vordergrund der Musik, leider lässt sie gelegentlich ein leichtes Zischen hören. Der Bass war zwar weniger als bei den N3, aber dafür präziser. Bläser, Streicher und Backing Vocals kamen sehr gut heraus.
- Die Xears TM 1 Pro zeigen leider einen recht schwammigen Bass. Die Stimme ist recht dominant und neigt leider gelegentlich zum Zischen. Streicher und Bläser klingen wiederum sehr gut und die Räumlichkeit der Musik viel sehr angenehm auf.
- Die Xears XNR 120 Pro haben den leisesten Bass im Vergleich, der gleichzeitig auch recht unsauber ist. Die Stimme ist gut ins Gefüge eingepasst, zischt aber von Zeit zu Zeit.
Digable Planets – Rebirth of Slick:
- Die Playaz N3 zeigen beeindruckend viele und saubere Details, die sich gut im Raum verorten lassen. Trotzdem vermag er gleichzeitig eine tolle, exakte Bassline und auch das Grummeln der ganz tiefen Töne wiederzugeben. Die insgesamt seidigen Stimmen wirken leicht belegt.
- Die XR 120 Pro 2 bezahlen ihre sehr gute Detailwiedergabe mit einem relativ zurückhaltenden Bass. Der ist dafür präzise und knackig und auch das tiefe Grummeln ist da. Die sehr sauberen, weichen Stimmen werden gelegentlich von Zischen begleitet und auch die Räumlichkeit gehört nicht zu den Stärken des Kopfhörers.
- Die TD 100 glänzen bei dem Song mit sehr ausgewogenen Bass. Die Bassline ist klar zu erkennen und auch das tiefe Grummeln der ganz tiefen Töne massieren das Trommelfell. Trotzdem kommen die zahlreichen Details gut hervor und auch die Stimmen der drei Rapper klingen angenehm soft und laid-back. Die räumliche Ortbarkeit, etwa von hin und her wandernden Tönen kann aber nicht überzeugen.
- Die TM 1 Pro haben schon zu viel Bass, der auch ins unsaubere abgleitet. Viele Details saufen im Bassdröhnen leider ab. Die räumliche Verteilung von Instrumenten und Effekten ist gut und auch die Stimmen ist weder zu dominant und noch zu zurückhaltend.
- Die XNR 120 Pro zeigen wie schon bei Peter Fox einen schwachen und unsauberen Bass. Den angenehmen Stimmen stehen die geringe Räumlichkeit der Musik und die wenigen hörbaren Details entgegen.
Moloko – Familiar Feelings:
- Das Zupfen der Bass-Saiten zu Beginn des Songs klingen bei den N3 irgendwie unecht, die Bassline während des Songs ist aber über jeden Zweifel erhaben. Der gesamte Umfang von Roisin Murphys Stimme wird gut wiedergeben und klingt jederzeit angenehm weich. Die Detailwiedergabe ist klar und unglaublich umfangreich und ergänzt die ebenfalls gute Räumlichkeit sehr gut.
- Die XR 120 Pro 2 geben den Bass während des Intros gut wieder und bleiben auch während des Songs präzise, aber in der Quantität etwas zurückhaltend. Die Gitarre klingt sehr schön und realistisch. Die Stimme hat einen feinen, weichen Klang sowie einen beeindruckenden Umfang, klingt aber im Vergleich zu den Instrumenten ein wenig zurückhaltend. Die Details kommen gut zur Geltung und lassen sich gut im Raum verorten.
- Bei den TD 100 kann das Bassintro nicht überzeugen, im Gegensatz zur Basswiedergabe und den Gitarren während des Songs. Details sind mittelprächtig und der Raum für den Klang recht schmal. Die Stimme ist im Vergleich zu den Instrumenten relativ zurückhaltend, aber sehr detailliert und sauber in der Wiedergabe.
- Das Bassintro gelingt den TM 1 Pro überzeugend und auch der Klang der Gitarren ist realistisch. Die gute Räumlichkeit und Detailwiedergabe unterstreichen ein insgesamt sehr ausgewogenes Gesamtgefüge, das nur von der belegt klingenden und komprimierten Stimme etwas gedämpft wird.
- Die XNR 120 zeigen wie schon bei den anderen Songs zuvor gute Details und weniger, aber diesmal recht exakten Bass. Die Stimme klingt angehm, aber insgesamt etwas komprimiert am oberen und unteren Ende. Die Gitarre gefällt gut und kompensiert den schmalen Raum.
SFA – Enemy Within:
- Der Song dröhnt mit den N3 ziemlich bassig, die Gitarren sind ein einziger, nicht identifizierbarer Brei. Brendans aggressiver Gesang klingt unangemessen (und unpassend) soft. Paradoxerweise ist sich die Bassgitarre trotz – oder wegen – des Bassbrummens während des gesamten Songs nicht zu erkennen.
- Die XR 120 Pro 2 sind gewohnt zurückhaltend in der Basswiedergabe, die Kickdrum ist überhaupt nicht zu hören. Auch die Stimme ist für einen aggressiven Hardcore-Song viel zu zurückhaltend, dafür kann das Gitarrenbrett überzeugen.
- Auch die TD 100 erzeugen ein gutes Gitarrenbrett und unterstreichen die Aggressivität im Gesang. Zusätzlich schaffen sie es sogar, die Bassgitarre in den schlecht kodierten MP3s hervorzubringen.
- Die TM 1 Pro klingen insgesamt bassig, selbst ohne ausdrückliche Bassline. Dafür reichern sie die Gitarren an und verleihen ihnen Volumen. Die Stimme tritt allerdings deutlich in den Hintergrund.
- Die XNR 120 Pro sind für harte Gitarrenmusik anscheind grundsätzlich zu „weich“: Die Stimme klingt gradezu sanft, die Gitarren sind lasch und die Bassgitarre schlicht nicht-existent.
Fazit:
Musikhören ist ein zutiefst subjektives Erlebnis. Deshalb ist es schwer, eine grundsätzliche Empfehlung auszusprechen. Zumal sich die fünf getesteten Kopfhörer auch teilweise deutlich in ihrer Klangcharakteristik unterscheiden. Grundsätzlich bleibt aber festzuhalten, dass sie sich alle gegen die etablierten Marken behaupten können und beispielsweise Standard-Einsteigerkopfhörer wie die Sennheiser CX300 deutlich übertreffen.
Das preisliche Spitzenprodukt XR 120 Pro 2 richtet sich klanglich klar an die eher analytischen Hörer, denen Präzision und Detailwiedergabe wichtiger sind als ein warmer, bassiger Sound. Der Preis erscheint ein wenig gewagt für eine unbekannte Marke, die hier in der audiophilen Mittelklasse beispielsweise mit den Head-Direct RE0s konkurrieren muss.
Die TD 100 sind dagegen insgesamt sehr musikalisch und warm mit tollen, detailreichem Bass. Gleichzeitig behalten sie einen beeindruckenden Detailreichtum, vor allem gemessen am Preis. Freunde von balanciertem Klang können unbesorgt zuschlagen.
Die TM 1 Pro richten sich klar an Bassheads, die dafür im Zweifelsfall auch auf Details und Präzision verzichten. Leider sind sie dabei aber eher auf Quantität statt Qualität abgestimmt. Wer auf Hirnmassagen steht, mag daran Gefallen finden.
Die XNR 120 Pro sind recht „sanfte“ Kopfhörer, die sich etwa für Frauenstimmen eignen, aber hier an den extremen Höhen und Tiefen scheitern. Für den günstigen Preis ist die Leistung aber völlig angemessen. Wer ein Schnäppchen sucht, zumal ein stylisch-hölzernes, kann glücklich werden.
Das Auslaufmodell Playaz N3 macht es bedeutend besser: Sie klingen wirklich musikalisch, haben guten Bass, Detailwiedergabe und Räumlichkeit. Nur die Aggressivität für harte Rockmusik geht ihnen ab. Bei den übrigen Test-Songs passten sich sämtliche Elemente gut in das musikalische Gesamtgefüge ein. Wer nicht grade ausschließlich Punk, Hardcore und aggressives Metal hört, sollte schnell zuschlagen. Erst Recht zu dem Preis.
Geheimtipp: Im Ebay-Shop werden häufig Promo-Preise angeboten und einzelne Kopfhörer ab 1 Euro versteigert. Hier kann man mit etwas Glück tolle Schnäppchen machen.